Endlich! Der Startschuss ist gefallen!
Im Zusammenhang mit einem Interim Experten Mandat, über das wir in unserem Blog am 02.06.21 berichteten, hat unsere Inhouse Market-Researchabteilung die aktuelle Lage der Kreuzfahrtbranche genauer unter die Lupe genommen.
Am Pfingstwochenende startete für die durch Corona stark gezeichnete Kreuzfahrtindustrie in Kiel dank sinkender Inzidenzen die Saison. Bremerhaven, Rostock und Hamburg als weitere für die Kreuzfahrtbranche wichtige deutsche Häfen zogen nach dem Wegfall des Beherbergungsverbotes nach. Nach vielen Jahren starken Wachstums folgte mit dem Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 und den dazugehörigen staatlichen Maßnahmen dann der Supergau: Schiffsstillstand. Die Gäste blieben aus, die Kosten jedoch nicht. Ergo: hohe Fixkosten bei kaum Einnahmen. Viele Schiffe lagen seit März 2020 im Hafen. Um Kosten zu sparen, wurde selektiert: ältere Schiffsmodelle wurden verkauft oder verschrottet. Die restlichen Schiffe mussten monatelang eine Zwangspause einlegen. Rund 200.000 Beschäftigte verloren europaweit ihren Job.
Zwar gab es für die Branche einen kleinen sommerlichen Re-Start, was die Wiederaufnahme des Kreuzfahrtbetriebs anbelangte, dann folgte jedoch kurze Zeit darauf im Herbst der zweite Lockdown. Und dann der Dritte.
2019 verzeichnete die deutsche Kreuzfahrtindustrie 6,6 Mrd. Euro Umsatz mit einem Passagieraufkommen von 3,12 Mio. Laut Handelskammer Bremen erzielte der deutsche Markt in ganz Europa das größte Wachstum.

Nun hofft die Kreuzfahrtbranche darauf den Anknüpfungspunkt des vorherigen jahrelangen Branchenaufschwungs wiederzufinden.
Für 2021 sind die Prognosen laut Helge Grammerstorf, dem deutschen Geschäftsführer des internationalen Branchenverbands CLIA, noch sehr vage. 2022 soll die Nachfrage allerdings schon wieder anders aussehen: hier ist die Rede von einer bemerkenswerten Nachfrage. Unklar ist hierbei jedoch, ob es sich noch um Corona-Nachwehen in Form von Umbuchungen handelt oder, ob der Kreuzfahrtboom sich hier bereits abermals in Neubuchungen widerspiegelt. Die Optimisten prognostizieren schon für das nächste Jahr die Anknüpfung an die bisherigen Erfolge – die Pessimisten erwarten eher erst im Jahr 2024 eine Fortsetzung des Kreuzfahrtbooms.
Einen ersten Step in Richtung Normalität gab es mit dem Startschuss an Pfingsten und der Wiederaufnahme des Kreuzfahrtbetriebs – zwar zunächst nur mit der Hälfte der Passagierkapazität, dafür aber mit Zuversicht und Optimismus, dass bald wieder alles in seinen gewohnten Normalzustand zurückfindet. Wie bei vielen anderen Lockerungen galt auch für den Neustart des Kreuzfahrttourismus erst einmal halbe Fahrt voraus. Deutlich weniger Schiffe, niedrigere Passagierzahlen und nur wenige offene Häfen. Kreuzfahrten ab Deutschland in die Nord- und Ostsee wurden nur als „blaue Fahrten“ durchgeführt, was bedeutete, dass Landgänge nicht möglich waren. Das Angebot der Landgänge während der Kreuzfahrt war und ist noch immer stark abhängig von den jeweiligen Destinationen. So wurden Kreuzfahrten z.B. in Griechenland und den Kanaren schon inklusive Landgängen angeboten. Anfang Juli sollen dann, sofern die Inzidenzen stabil auf niedrigem Niveau bleiben, immer mehr Reisen ins Mittelmeer starten – auch mit Landgängen.
In Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern entwickelten die Reedereien Schutzmaßnahmen, die eine sichere Kreuzfahrtreise in Pandemie-Zeiten gewährleisten. Zum Hygienekonzept zählen demnach verpflichtende PCR-Tests für Passagiere und Besatzung vor der Abreise, generelle Maskenpflicht, Abstandsregeln, Wegeleitsysteme sowie eine versierte medizinische Expertise und Betreuung an Bord.
Doch nicht nur an Corona-Sicherheits- und Hygienekonzepten arbeiteten die Reedereien in den letzten Monaten.
Im Fokus steht nach wie vor, neben der Bewältigung der Coronakrise, die Nachhaltigkeit der viel kritisierten Schifffahrt.
So fand auch dieses Jahr, am 10. und 11. Mai, das größte nationale Meeting der Schifffahrtindustrie statt, bei dem über die Verbesserungspotenziale der Branche diskutiert wurde. Schirmherrin war erneut Angela Merkel.
Die Kreuzfahrt gilt als Vorreiter in der Nachhaltigkeit der internationalen Schifffahrtindustrie. 18,5 Milliarden Euro investierte die Branche in eine moderne Flotte mit Klima- und Umweltschutztechnologien. Das weltweit erste Kreuzfahrtschiff mit LNG-Antrieb (=Flüssigerdgas als Kraftstoff) wurde 2018 in Deutschland in Betrieb genommen. Weitere 25 Schiffe sind im Bau oder in Auftrag gegeben, denn der Gebrauch von Flüssigerdgas als Schiffsantrieb reduziert Feinstaubemissionen um 95 – 100 % und wird daher in der Schifffahrt als bevorzugte Umweltschutzmaßnahme eingesetzt.
Die Strategie der internationalen Schifffahrts-Organisation (IMO) setzt das Ziel bis 2030 die Treibhausgasintensität der globalen Schifffahrt im Vergleich zu 2008 um mindestens 40 Prozent zu mindern. 70 Prozent sollen sogar bis 2050 erreicht werden und damit einhergehend langfristig die Klimaneutralität der weltweiten Schifffahrtsflotte.
Fazit
Die durch die Corona-Pandemie geschwächte Kreuzfahrtindustrie schaut optimistisch in die Zukunft.
In den letzten 5 Jahren vor der Coronakrise (2015 – 2019) stieg die Nachfrage nach Kreuzfahrten um 20,5 % – das gibt Anlass zu einer positiven Erwartungshaltung für das Nachkrisenniveau. Laut einer Umfrage unter 4.600 Kreuzfahrtpassagieren gaben 75 % der Befragten an, dass sie auch nach der Pandemie wieder an Kreuzfahrten interessiert wären.
Kreuzfahrtpassagiere gelten als treue Kundschaft – schwieriger wird es, die Schifffahrtskritiker zu überzeugen. Doch auch hier hat sich in der Kreuzfahrindustrie in den letzten Jahren einiges getan. Die Themen Umwelt- und Klimaschutz und folglich die Minderung der Treibhausgasemissionen der Schiffe bleiben nach wie vor wichtige Handlungsfelder, die von der Branche verantwortungsbewusst angegangen werden. Forschung und Entwicklung werden hier als “zentraler Hebel für einen nachhaltigen Kreuzfahrttourismus“ gesehen.
Wie ist Ihre Einschätzung zur Zukunft der Kreuzfahrtbranche?
Diskutieren Sie gern mit uns! Wir freuen uns auf Ihr Feedback.
Andreas Lau und Christian Heuermann
Geschäftsführung
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in zwei Wochen, am 01.07.2021!
Dann mit einer spannenden Story zum Thema: Herstellung der „IPO Readiness“ eines europaweit führenden Mobilitätsdienstleisters – mit Hilfe eines Interim Managers Finanzen erfolgreich durch den Transformationsprozess.
Quellen: HMC Researchabteilung, CLIA, Handelsblatt, Handelskammer Bremen, statistisches Bundesamt, statista
Gute Analyse! Tatsächlich gehen zur Zeit die Buchungszahlen, auch in der Flusskreuzfahrt durch die Decke.
Dass die Branche trotz kompletten Stillstand bei sehr hohen Stillstandkosten zu glimpflich durch die Krise gekommen ist, hat meines Erachtens drei wesentliche Grüne:
1. Hoher Fokus auf Effizienz und …
2. Bildung hoher Stiller Reserven auch in wirtschaftlich guten Zeiten sowie …
3. sehr gutes Krisenmanagement.
Davon können viele Branchen lernen.
Hallo Herr Wölper,
vielen Dank für den qualifizierten Input.
Beste Grüße,
Ihr HANSE Interim Team