Die Situation
Essen als bloße Nahrungsaufnahme? Für viele Deutsche ist das undenkbar. Vielmehr hat sich das Ernährungsverhalten in den vergangenen Jahrzehnten als eine Art Lebensgefühl, Selbstoptimierung und Verwirklichung der Lebenseinstellungen entwickelt. Dabei sollen die Produkte der Nahrungsmittelindustrie auch gesund und nachhaltig hergestellt sein; denn Du bist, was Du isst.
Das wachsende Ernährungsbewusstsein der Deutschen wirkt sich demnach auf die Essensgewohnheiten aus: so legen laut einer Umfrage 38 % der Deutschen Wert auf natürliche Inhaltsstoffe, gefolgt von einer bewussten, fettarmen Ernährung mit 36 % und reduziertem Fleischkonsum von 29 %. Darauf stellt sich auch die Nahrungsmittelindustrie ein.
Doch woraus resultieren die veränderten Bedürfnisse in der Nahrungsmittelindustrie?
Qualitativ hochwertige Lebensmittel sind heutzutage aus verschiedensten Gründen immer wichtiger und wirken sich daher auch positiv auf den Absatz des deutschen Marktes aus. In Zeiten des zunehmenden Bedürfnisses der Konsumenten nach Fitness und Vitalität, des Umweltschutzes und des generell wachsenden Ernährungsbewusstseins steigen die gesellschaftlichen Ansprüche und Erfordernisse an die zu verzehrenden Produkte der Nahrungsmittelindustrie. Die Verbraucher wünschen sich mehr Transparenz hinsichtlich der Herkunft und Herstellung der Produkte. Ökologische und ethische Rahmenbedingungen rücken hierbei in den Fokus. Zu beobachten ist dies insbesondere beim Fleischkonsum:
Rückverfolgbarkeit des Fleisches, damit verbundener Tierschutz respektive artgerechte Haltung und das Umweltbewusstsein inklusive der Vermeidung unnötiger Transportwege spielen für die Verbraucher bei der Entscheidung des Fleischkaufes eine enorme Rolle. So gilt mittlerweile der Leitsatz „Qualität statt Quantität“. Die Zahl der Menschen steigt, die bereit sind mehr Geld für qualitativ hochwertiges, ethisch unbedenklicheres und bestenfalls regionales Fleisch auszugeben. Hiervon profitiert insbesondere der Absatz von Rindfleisch als hochwertiges Qualitätsprodukt.
Jedoch wurden in den letzten Jahren vermehrt Studien veröffentlicht, die rotem Fleisch gesundheitsschädigende Eigenschaften zuweisen.
Was daraus folgt?
Ein Trend zu häufigem oder gar dauerhaftem Fleischverzicht. Jedes Jahr aufs Neue wächst die Zahl der deutschen Vegetarier. 9,3 Millionen, davon mittlerweile – und mit steigender Tendenz – 1,3 Millionen Veganer.
Die zunehmende Bedeutung von gesunder Ernährung als wichtiger Teil des Alltags lässt sich ebenso deutlich im Fitnessbereich erkennen. Sportlich Aktive ergänzen ihre Trainingseinheiten um den Verzehr von fettarmen, proteinreichen Lebensmitteln wie magerem Hähnchenfleisch oder dem Verzicht auf Gluten und kurbeln in diesen Segmenten der Nahrungsmittelindustrie die Absätze an. Bei dem Verzicht auf Gluten werden bewusst Produkte aus Weizen, Gerste und Roggen gemieden und durch meist proteinreichere Alternativen ersetzt. Neben der häufigen medizinischen Unverträglichkeit dieser Getreidearten ist die glutenfreie Ernährungsform auch für viele Konsumenten ein Diättrend geworden. Weizenprodukte, die bekanntlich den Ruf als “Dickmacher” haben und sich negativ auf die Gesundheit auswirken sollen, werden deswegen häufig auch von Nicht-Allergikern durch glutenfreie Produkte, wie beispielsweise Mais, Hirse oder Quinoa ersetzt.
Diese und andere Superfoods sind mittlerweile häufig Zusatzbestandteile verschiedener Lebensmittel. Neben den modernen Chia-Samen und Quinoa gehören auch die Verarbeitung von Ur-Getreide wie Hirse oder Dinkel, zum klassischen Superfood.
Selbst im Convenience-Food-Bereich lässt sich das neue Gesundheitsbewusstsein erkennen. Insbesondere beim sogenannten „Chilled Food“, als Alternative zum klassischen Fast Food, werden keine Konservierungsstoffe verwendet. Die Zielgruppe sind hierbei Kunden, die Wert auf frische, gesunde Lebensmittel und natürliche Inhaltsstoffe legen und gleichzeitig nicht viel Zeit für die Zubereitung verlieren wollen.
Die Schlussfolgerung für die Nahrungsmittelindustrie
Die Vielzahl an Ernährungsformen und -trends steigt und folglich gilt heutzutage wohl „Ernährung ist die neue Religion“. Doch egal ob Veganismus, Vegetarismus, Heilfasten oder glutenfreie Ernährung – eins haben alle Formen gemein – den Trend zum steigenden Ernährungsbewusstsein und damit einhergehenden wachsenden Erwartungen der Verbraucher an die Produkte. Der Anspruch an die Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie ist daher: Qualität, Transparenz und Nachhaltigkeit. In Kauf genommen werden hierfür im Gegenzug auch steigende Verkaufspreise.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Wir freuen uns auf Ihre Diskussionsbeiträge!
Wann lesen wir uns wieder?
Freuen Sie sich auf unseren nächsten Blogbeitrag
am Donnerstag, den 15.10.2020,
mit einem Beitrag aus der Kategorie Aktuell, Thema: “Interim Management und Outsourcing – Optionen für Governance Funktionen”.
Schauen Sie vorbei – wir freuen uns auf Sie!
Ihr HANSE Interim Team
Andreas Lau und Christian Heuermann
Geschäftsführung
Quellen: HMC Researchabteilung, BVE, destatis, statista, Markant Magazin, Topagrar, Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie
Ihr Artikel ist zutreffend, greift aber in zwei wichtigen Punkten zu kurz: seit Jahren besteht eine Diskrepanz zwischen den Aussagen einer Vielzahl von Verbrauchern und ihrem de facto Verhalten an der Kasse: hier dominiert immer noch „geiz ist geil“ – ganz im Gegenteil zu Nachbarländern wie Italien und Frankreich, wo eben nicht durchschnittlich 13 % des Haushaltseinkommens für Lebensmittel ausgegeben werden, sondern gut das doppelte.
Der zweite Punkt, den Sie nicht einmal erwähnen: die klassische Viehwirtschaft weist eine denkbare schlechte Effizienz und einen geradezu katastrophalen CO2 Footprint auf. Daher sind Alternativen wie „Beyond Meat“ und insbesondere Entwicklungen wie precision biology, wo Fleisch in Reaktoren unabhängig von Geographie, Klima, Transportwegen etc umweltschonend und in immer gleicher Qualität und jeder gewünschten Menge hergestellt werden kann
Sehr geehrter Herr Birnmeyer,
vielen Dank, dass Sie unseren Blog so aufmerksam lesen und auf diese zweifellos wichtigen Punkte hinweisen. Natürlich kann unser Blogbeitrag in der Kategorie Recherche grundsätzlich nur einen kleinen Aspekt des jeweiligen Marktes abdecken, deshalb ist es umso wichtiger, dass Sie oder auch andere Leser hier kommentieren. Und Sie haben mit Ihren beiden Beiträgen zwei wichtige Punkte aufgegriffen. Wie sehen andere Leser das? Wir freuen uns über lebhafte Diskussion. Mit besten Grüßen, Ihr HI-Team