Entwicklungen in der Hotellerie

HANSE Interim recherchiert: Tourismus, Hotellerie und die Spuren der Pandemie

Der Zustand

„Die Situation in der Reisewirtschaft ist existenzbedrohend“, so der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV). Shutdowns, Corona-Risikogebiete und permanente Reisewarnungen bedeuteten kaum bis gar keine Gäste und dementsprechend kaum bis gar keine Umsätze für die Hotellerie während der Pandemie. Zwischen Januar und Oktober 2020 sank der reale Umsatz im Beherbergungsgewerbe um 39,3 %. Reisebüros und Reiseveranstalter verzeichneten einen drastischen Umsatzeinbruch von 80 Prozent im Kalenderjahr 2020.

Dieser Rückgang ist die fatale Folge fast vollkommener Reise-Inaktivität, vor allem und in größtem Umfang die Folge abgesagter Geschäftsreisen durch abgesagte Messen, Kongresse, Tagungen und Seminare. Die Hotelbranche ist eine der am stärksten betroffenen Branchen der Pandemie. Die Rede ist von einer Insolvenzwelle in der Hotellerie, die durch unzureichende staatliche Maßnahmen kaum aufgefangen werden kann – wie hoch die tatsächliche Zahl sanierungsbedürftiger Hotels jedoch am Ende sein wird, wird wohl erst im Laufe der nächsten Monate, wenn die Insolvenzantragspflichten wieder vollumfänglich gelten, zu erkennen sein.

Hotellerie während der Pandemie

Wahrnehmbar und zu erahnen war die Katastrophe bereits anhand der deutschen Übernachtungszahlen im April letzten Jahres: der Rückgang der Übernachtungen lag hier bei knapp 90 %. Selbst im Juni, nach den ersten Lockerungen, lag die Zahl noch bei -42 %. Im zweiten Lockdown im November sanken die Übernachtungszahlen ähnlich stark um 72 %. Für das Gesamtjahr 2020 ergibt sich voraussichtlich ein Rückgang von 40 % im Vergleich zu 2019.

Betrachtet man den Juli 2020, erkennt man eine erschreckende Veränderung in der Anzahl der Arbeitslosen in der deutschen Hotellerie während der Pandemie: 34.837 Arbeitslose – ein Zuwachs von +41,0 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Im August stieg die Zahl noch einmal auf 42,6 %. Insgesamt, im Betrachtungszeitraum April bis Oktober 2020, betrug die Arbeitslosigkeit 37,2 %.

Keine Überraschung, denn die durchschnittliche Auslastung der Gästezimmer (betrachtet sind hier Hotels mit mehr als 25 Zimmern) betrug zwischen Januar und September 2020 41,2 %. 2019 lag dieser Wert noch bei 63,2 %. Besonders betroffen sind jene Hotels, die hauptsächlich Messe- und Kongressgäste als Zielgruppe haben. In Europa wurden zeitweise 95 % der Geschäftsreisen abgesagt. Laut einer Übersicht des Geschäftsreiseverbandes VDR liegen die Reiseausgaben deutscher Geschäftsreisender bei ca. 20 Prozent des Vorjahres 2019 (Stand November 2020).

Und daran soll auch so schnell nichts geändert werden: gemäß ifo Institut werden 57 % deutscher Unternehmen ihre Geschäftsreisen dauerhaft reduzieren. So soll diese Art der Reisen künftig mit längeren Aufenthalten verbunden sein, dafür aber seltener stattfinden. Spürbar ist dies bereits jetzt durch die Rückgabe von Hotelpackages und Absagen von Business-Meetings, die lieber virtuell statt in persona durchgeführt werden.

Große internationale Unternehmen planen Home-Office Lösungen bis Mitte 2021. Prognosegemäß wird auch ab diesem Zeitpunkt mit einer Erholung des Marktes gerechnet. Jedoch soll das Vorkrisenniveau auch mittelfristig nicht erreicht werden können. Gerechnet wird mit der Erreichung der Hotelumsätze auf Vorkrisenniveau erst nach 2024.

Die Schlussfolgerung

Der Regelbetrieb ist somit für den Tourismus und die Hotellerie aktuell noch ein Fremdwort. Trotzdem – und als kleiner Lichtblick – soll sich der deutsche Binnentourismus Prognosen zufolge ab Mitte 2021 schneller erholen, sodass 2021 bereits 50 – 60 % der Umsatzhöhe des organisierten Reisemarktes von 2019 erreicht werden könnte. Zurückzuführen ist dies vorwiegend auf die dynamischere Zunahme an Ankünften inländischer Reisender. Eine solche Tendenz ließ sich bereits in dieser Sommersaison mitten in der Corona-Krise feststellen: Urlaub im eigenen Land, dafür warb auch der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn. Wer in diesen Zeiten Urlaub buchte, hatte weniger die Fernreise im Visier, sondern suchte eher nach einer Unterkunft im Bayerischen Wald. Einen regelrechten Bayern-Boom verzeichnete die Buchungsplattform Airbnb im vergangenen Jahr: die Juli-Buchungen für Cham und Kitzingen lagen im Vergleich zum Vorjahr um 52 % und 77 % deutlich höher als noch 2019. Es wird erwartet, dass sich die Buchungsplattformen schneller erholen als Hotelkonzerne – jedoch soll bald auch langsam das Eventgeschäft für erste kleine Veranstaltungen wieder hochgefahren werden und bietet damit einen, wenn auch kleinen, positiven Ausblick für die betroffenen Tagungs- und Messehotels.

Inwieweit der anhaltende Lockdown und die Reisebeschränkungen die Prognosen verändern werden, ist nun noch nicht sicher abzusehen.

Wie eine Restrukturierung in der Hotellerie während der Pandemie und unter diesen Rahmenbedingungen dennoch funktionieren kann – wir betreuten im letzten Jahr mehrere Hotels – lesen Sie gerne ergänzend in unserem jüngsten Branchenhandout zur Hotelbranche. Oder sehen und hören Sie dazu den Beitrag von Herrn Dr. Kai Warschkow, Partner der HANSE Management Consulting GmbH, beim Branchentreff „Hotelforum 2020“ als Podiumsdiskutant zum Thema „Stark aus der Krise! – Kurzfristig agieren & strategisch positionieren“.

Wie ist Ihre Einschätzung dazu?
Diskutieren Sie gern mit uns!

Wann lesen wir uns wieder?

Freuen Sie sich auf unseren nächsten Blogbeitrag

am Donnerstag, den 11.03.2021,

dann mit einem Beitrag unseres Interim Managers Christian Kracht, der aufzeigt, wie die Sanierung eines Hotels auch in Krisenzeiten gelingen kann!

Wir freuen uns auf Sie!

Ihr HANSE Interim-Team
Andreas Lau und Christian Heuermann
Geschäftsführung

Quellen: HMC Researchabteilung, Bundesagentur für Arbeit, Handelsblatt, DEHOGA, DEKA, statistisches Bundesamt, VDR

2 Kommentare zu „HANSE Interim recherchiert: Tourismus, Hotellerie und die Spuren der Pandemie“

  1. In vielen Organisationen ist der Digital-Modus bereits Alltag und wird sich noch weiter verbreiten, d.h. trastischer Rückgang von Geschäftsreisen und wesentlich höheres Angebot von Online Fortbildungsangeboten. Was die Hotel- und Tourismusbranche angeht, bin ich mir sicher das die Menschen nur darauf warten endlich wieder reisen zu können, raus aus dem Alltag und Arbeitsstress und endlich wieder rein in den Chill-out!

    1
  2. Aufgrund meiner langjährigen Management- Erfahrungen prognostiziere ich, dass die in der Vergangenheit üblichen Tagestrips von Geschäftsleuten („ich flieg dann mal schnell nach Frankfurt zum Meeting“) massiv abnehmen werden. Die Unternehmen haben qua heutiger Praxis die Einsparungspotenziale von Videokonferenzen erkannt. Das gilt in unterschiedlichem Grad auch für Messen und Tagungen. Die Digitalisierung hat sich durch die Pandemie massiv beschleunigt. Ganz anders sieht die Situation bei Privat- und (Kurz-) Urlaubsreisen an. Der Nachholbedarf ist erheblich, die sozio-emotionale Komponente weiter Bevölkerungsteile wird auch in der nächsten Zukunft zu einer spürbaren Auslastung des Gaststätten- und Hotelgewerbes führen. Wesentlich für eine Nachhaltigkeit dieses Trends sind allerdings angepasste Eventkonzepte seitens der Anbieter.

    1

Die Kommentare sind geschlossen.