Video on Demand

HANSE Interim recherchiert: Die Entertainmentbranche – Video on Demand in der Pacman-Rolle und als Gewinner der Krise

Die Wiedereröffnung der Kinos nach knapp einem Dreivierteljahr lässt viele Betreiber erst einmal aufatmen – die Unsicherheit in der Branche bleibt jedoch.
Unser HANSE Research-Team hat für einen Kunden im Rahmen von Überlegungen zur strategischen Unternehmensweiterentwicklung den analogen und digitalen Unterhaltungsmarkt unter die Lupe genommen.

Bereits 2018 schien zahlentechnisch das Jahr des Filmgewohnheiten-Wandels zu sein: Erstmalig wurde hier in Deutschland mehr Umsatz mit Video on Demand Angeboten (VoD) erzielt, als mit den klassischen Konsumformen Kino und dem physischen Filmmarkt (Blue-Ray, DVD, etc.):
1 Mrd. EUR VoD vs. 899 Mio. EUR Kino vs. 833 Mio. EUR physische Angebote.

Während der Absatz von Blu-Ray und DVD bereits seit Jahren kontinuierlich fällt, verzeichnete 2018 auch die Kinobranche starke Einbußen durch einen langen, heißen Sommer und der Fußball-Weltmeisterschaft als große Gegenveranstaltung. Im Folgejahr 2019 wurde zwar der Umsatz durch erfolgreiche Filme wie „Die Eiskönigin 2“ oder „Das perfekte Geheimnis“ um 15 % gesteigert, insgesamt konnten die Erwartungen jedoch nicht erfüllt werden. VoD wurde dafür auch in 2019 großgeschrieben – und noch größer dann mit Beginn der Pandemie im März 2020.
Zwangsschließungen der Kinos, ausbleibende Kundschaft und immer wieder verschobene Starttermine durch permanent fortgeführte (Lockdown-)Maßnahmen. VoD drängte andere Formate, insbesondere die Kinobranche, beiseite, denn die Ausgangsbeschränkungen wirkten sich positiv auf die Streamingdienste aus.

Das Research-Team der HANSE Gruppe stellte fest:

Bereits vor Corona blieben den Kinobetreibern die Besucher aus.
Der Grund für diesen Rückgang der Kinobesuche geht zum einen einher mit dem Konsumententrend nur große, aufwändige Produktionen im Kino sehen zu wollen – sogenannte Blockbuster. So ist die Besucheranzahl stark abhängig von der Anzahl der pro Jahr veröffentlichten Blockbuster. Zum anderen lässt sich der Hauptauslöser in drei Worte fassen: Video on Demand.

Auch das Free-TV ist hiervon betroffen: Zwar ist es nach wie vor das beliebteste Bewegtbild-Format und wird von rund 80 % der Deutschen konsumiert, allerdings ergänzt laut einer Umfrage von Bitkom jeder Dritte inzwischen regelmäßig das traditionelle Fernsehen durch Streamingangebote.
Noch werden die Einschaltquoten von der älteren Generation auf einem stabilen Niveau gehalten, doch laut Experten verschiebt sich der Markt in Zukunft in Richtung digitaler Formate. Multi-Channel-Strategie heißt es dann für die TV-Sender, denn Prognosen zufolge soll die Anzahl der Kabelanschlüsse in Deutschland von 16,4 Mio. Nutzern in 2017 um 0,9 % p. a. auf 15,6 Mio. Nutzer im Jahr 2022 abnehmen.
Der deutsche Streamingmarkt wächst dagegen weiter sehr dynamisch. Für das Jahr 2024 wird Prognosen zufolge mit einem Umsatz von ca.
2,7 Milliarden Euro gerechnet.

Aktuell werden in Deutschland zudem seit dem Ausbruch des Corona-Virus deutlich häufiger Filme und Serien bei Streaminganbietern geschaut. So gaben laut einer Umfrage 32 % der Befragten an, dass sie im Vergleich zu vor der Corona-Krise mehr VoD-Angebote in Anspruch nahmen.

Auf die zur Senkung der Ansteckungsgefahr beschlossenen Kinoschließungen reagierten große Filmstudios wie Universal, Warner, Disney und Sony mit einer temporären Anpassung der Verwertungskette – das bedeutet, dass aktuelle Kinofilme deutlich früher über Videostreamingportale erhältlich sind. Vereinzelt verkündeten große Studios auch große Produktionen gar nicht über Kinos, sondern direkt in ihrem Portal in die Erstveröffentlichung zu bringen – ein ganz neuer Trend. Auch hieraus ergeben sich Experten zufolge tendenziell weitere Wachstumsimpulse.

Konträr hierzu entwickelt sich jedoch – und eben aus genau diesem Grund – der Markt für physische Datenträger (Blu-Rays, DVDs). Die prognostizierten Umsätze für 2020 für das DVD-Segment (-19 %) und den Blu-Ray-Bereich (-23 %) machen den Rückgang des Marktes offensichtlich. Zurückzuführen ist dies, wie auch bei anderen Formaten, wie Free-TV und Kinobesuchen, vor allem auf das geänderte Konsumentenverhalten und den technologischen Fortschritt.

Was hat VoD also, was diese Märkte nicht bieten können? Die Antwort ist einfach zu finden: Digitalisierung und die damit verbundene Flexibilität. Serien und Filme genau dann abrufen zu können, wann man es möchte – und das zu kleinem Preis. Ein Streaming-Abo mit einer Vielzahl an hochwertigen, ständig neuen und exklusiven Inhalten für 7,99 EUR pro Monat steht dem Blu-Ray-Preis mit ca. 14 EUR für einen einzelnen Film gegenüber, ebenso wie einem Kino-Ticket für ca. 10 EUR. Räumliche und zeitliche Unabhängigkeit der Konsumenten stellt gegenüber den üblichen, klassischen Formaten, wie Kino und Free-TV mit festen Sendezeiten einen enormen Vorteil dar.
Dank des Internets gibt es die gewünschten Filme und Serien zu jedem Zeitpunkt und überall – eben Video on Demand.

Welche Entwicklungen sehen Sie zukünftig in diesem Markt? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!

Ihr HANSE Interim-Team
Andreas Lau und Christian Heuermann
Geschäftsführung

Unser nächster Blogbeitrag erscheint in zwei Wochen, am Donnerstag, den 12.08.2021!

Worum es dabei geht? Das Thema wird ein spannendes HANSE Interim Praxisprojekt sein – freuen Sie sich auf einen interessanten Bericht unseres Interim CPOs: Beim Einkauf sparen.

Quellen: HMC Researchabteilung, AGF, Appinio Marktforschung, destatis, GfK, Goldmedia, nextMedia, PwC, Report Consultant, statista