Bäckerhandwerk

Kleinere Brötchen backen?


HANSE Interim Team Research: Von welchen Entwicklungen ist das Bäckerhandwerk in Deutschland aktuell geprägt und welche Herausforderungen können zukünftig erfolgskritisch sein?

Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen in Folge der Corona-Pandemie sowie des Ukrainekrieges konnte sich das Bäckergewerbe in Deutschland in den letzten Jahren durchaus behaupten. Allerdings ist die Lage aufgrund des fortschreitenden Wandels der Branchenstruktur und der dauerhaften Anpassung an veränderte Ernährungsgewohnheiten und Trends weiterhin angespannt. Im Rahmen eines Projektes der HANSE Gruppe für einen im Bäckereigewerbe tätigen Mandanten mit 80 Filialen in Deutschland, hat HANSE Interim die zentralen Marktentwicklungen sowie die entscheidenden Trends untersucht und im Hinblick auf Bedeutung und Auswirkung auf die zukünftigen Chancen und Risiken im Bäckerhandwerk analysiert.

Marktübersicht Bäckerhandwerk

Seit 2018 verzeichnete die Branche eine leicht sinkende Anzahl an Unternehmen und Betrieben sowie einen Rückgang des Umsatzvolumens von durchschnittlich ca. 0,3 % pro Jahr.

Insbesondere die Kontaktbeschränkungen und weitere Infektionsschutzmaßnahmen haben sich 2020 negativ auf die Absatzmenge von Backwaren ausgezeichnet.

Mit der Aufhebung dieser Maßnahmen haben sich das Konsumverhalten der Verbraucher und der gastronomische Betrieb der Unternehmen wieder weitgehend normalisiert.

Gleichzeitig wirken sich allerdings die steigenden Preise für Rohstoffe und Energie und die damit einhergehenden Preissteigerungen für Backwaren stark nachfragedämpfend aus.

Umsatzentwicklung im deutschen Bäckerhandwerk
(in Mrd. EUR)

Umsatzentwicklung Bäckerhandwerk

Anzahl an Betrieben und Unternehmen im Bäckerhandwerk

Weiter verstärkt wird diese Entwicklung durch den Ukraine-Konflikt, wodurch auf dem Weltmarkt eine Verknappung des Angebots für Getreide und Ölsaaten herrscht. Auch zukünftige Wetterereignisse können die Gefahr von Ernteeinbußen enorm erhöhen und die Weizenpreise auf ein neues, hohes Niveau treiben.

Ein erhöhtes Preisniveau wird auch zukünftig insbesondere die Existenz kleiner Betriebe bedrohen und voraussichtlich die Anzahl der Backstuben auf dem Markt verringern.

Großbetriebe decken daher einen immer größer werdenden Teil des Backwarenmarktes ab, während kleinere Betriebe mehr und mehr vom Markt verdrängt werden und schließen oder aufgekauft werden müssen.  

Zukünftige Entwicklung des Bäckerhandwerks

Ebenfalls ausschlaggebend für die zukünftige Entwicklung des Bäckerhandwerks werden Innovationen und deren Anwendung in den Betrieben sein. Durch neue Technologien könnten größere Produktvielfalten, verlängerte Haltbarkeitszeiten oder auch verringerte Anteile an Konservierungsstoffen erreicht werden. Auch hier steht jedoch insbesondere bei kleinen Bäckerbetrieben, die einen Fokus auf Premiumprodukte legen, die Kosten-Nutzen Frage im Vordergrund. Allerdings machen bisher Aufwendungen für Personal noch immer einen großen Teil der Branchenkosten des Bäckerhandwerks aus. Daher wird sich auch die zukünftige Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns maßgeblich auf die Zukunft des Bäckerhandwerks auswirken. Da die Branche aus Kostengründen verstärkt auf Geringverdiener setzt, sind die Auswirkungen einer Erhöhung des Mindestlohns daher besonders zu spüren.

Snackkultur statt Abendbrot

Auch ein genereller Wandel des Lebensstils der deutschen Bevölkerung führt zu einem Rückgang des Umsatzes kleiner Bäckereien. In den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland insbesondere unter der jüngeren Bevölkerung eine Snackkultur entwickelt, die immer mehr auf das traditionelle Abendbrot verzichtet.

Mit dem zunehmenden Gesundheitsbewusstsein und den damit einhergehenden Ernährungstrends der deutschen Bevölkerung muss das Bäckerhandwerk daher Mut zur Veränderung haben, um auch weiterhin auf veränderte Marktbedingungen reagieren zu können. Vor allem ausgewogene und qualitativ hochwertige Produkte werden verstärkt nachgefragt, wobei Verbraucher hierbei nach wie vor auch bereit sind, einen deutlich höheren Preis zu zahlen.

Trotzdem erfahren Bäckerbetriebe noch immer ein Spannungsverhältnis zwischen Qualität und Quantität. Insbesondere während der Corona-Pandemie haben Verbraucher das Wohlfühlambiente in Bäckereien vor der Selbstbedienung im Supermarkt bevorzugt, da hier auch die Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus deutlich geringer war. Wie sich dieses Verhalten in den kommenden Jahren entwickeln wird, hängt daher auch maßgeblich von zusätzlichen Hygienemaßnahmen ab.

Fazit

Prognosen zufolge soll das deutsche Bäckerhandwerk bis 2027 trotz der großen Herausforderungen noch ein Wachstum von ca. 0,8 % pro Jahr aufweisen.

Allerdings setzen insbesondere Backshops und Supermärkte mit niedrigen Preisen für die industriell gefertigte Backware das Bäckergewerbe stark unter Druck. Die aktuell vorherrschende wirtschaftliche Unsicherheit sowie die anhaltend hohe Inflation könnten Konsumenten verstärkt dazu veranlassen, Backwaren zu Discounterpreisen zu kaufen. Zudem leidet das Bäckereigewerbe weiterhin unter instabilen Lieferketten sowie hohen Energiepreisen.


Welche Entwicklungen sehen Sie zukünftig in diesem Markt?

Mit herzlichen Grüßen 
Ihre HANSE Interim-Geschäftsführung
Andreas Lau und Christian Heuermann